Die Lindauer Moschtköpf sind 1960 entstanden. Mit dieser Maske wollte man Lindauer Originale in stilisierter Form erhalten, denen man einen Moschtkopf in Form eines Apfels oder einer Birne verpasste. Die Gründung der Moschtköpf erfolgte nicht im Hinblick auf das heimische Fasnachtsbrauchtum. Sie wurde als Moschtkopfgarde ins Leben gerufen, mit der Aufgabe, wie die üblichen weiblichen Garden aufzutreten. Dies kann nicht verwundern, wenn man bedenkt, dass die Träger der damaligen Lindauer Faschingsgesellschaft e.V. keine alemannische Fasnacht pflegten, sondern vielmehr dem Münchner Fasching, der Mainzer Fasnacht und rheinischen Karneval frönten, wie es einem Bericht der Lindauer Zeitung vom 13. Januar 1961 zu entnehmen ist.
Die Verantwortlichen der Faschingsgesellschaft waren meist Zugereiste und wußten von der bodenständigen Fasnacht zu wenig, als dass sie bewusst etwas typisch Lindauerisches schaffen wollten. Man sah eben bei Umzügen in der Nachbarschaft, dass es dort Masken gab und wollte mit den Moschtköpf beim Umzug etwas ähnliches haben.
Immerhin entstand aber aus diesem Anfang die Hinwendung zur brauchtumsbewussten und bodenständigen Fasnacht, auch wenn sie erst später und von anderen vollzogen wurde.
Die ersten Moschtkopf-Masken stiftete der Lindauer Verleger Alfred Lutterloh, dessen Frau die Kostüme entwarf. Als Zubehör bekam diese Fasnachtsfigur einen Schellenstab, der die Lindauer Stadtlinde symbolisieren sollte. Die Moschtköpfe traten zum erstenmal am 21. Februar 1961 auf.
1964 ging aus dieser Gruppe die Narrenzunft Lindauer Moschtköpfe e.V. hervor. 1969 wurden die Kostüme und das Zubehör umgestellt und erneuert.
Symbolik
Die Lindauer Moschtköpfe gehen auf die im 19. Jahrhundert in Lindau beheimateten Rebleute zurück. Rings um die Inselstadt Lindau wurde im 19. Jahrhundert Wein angebaut. Der Lindauer Wein war anerkannt, wenn auch etwas sauer. Nachdem die Reben von einer Krankheit befallen worden waren, wurden sie herausgerissen und die Rebleute mussten sich anderen Berufen zuwenden. In den Kostümen leben diese Rebleute in der Zunft der Lindauer Moschtköpfe jedoch weiter, denn es wurden die Kleidungsstücke jener Rebleute in stilisierter Form als Kostüme für die Moschtköpfe übernommen.
Auch die Maske, der Moschtkopf enthält eine tiefe Symbolik, weil die meisten Rebleute, nachdem sie die Reben herausreissen mussten, Obstbäume, vor allem Äpfel- und Birnbäume, anpflanzten. Sie wurden zu Obstbauern. Die Moschtköpfe sind also ehemalige Rebleute mit Apfel- und Birnenköpfen.
Maske
Die Masken der Moschtköpfe bestehen ganz aus Holz. Sie müssen über den Kopf des Trägers gestülpt werden.
Sie ist die einzige Vollholzmaske, die es im alemanischen Fasnachtsraum gibt.
Die Grundform stellen Äpfel und Birnen dar, denen man menschliche Gesichter gab, die teilweise den älteren Lindauern ähneln. Die Gesichtszüge reichen von eigenbrötlerisch und missmutig bis hin zu komisch und freundlich. Dabei ist jede Maske ein Unikat, keine gleicht in Form und Ausdruck einer anderen.
Die ersten Masken wurden von dem Bildhauer Gottfried Thaler aus Rinn bei Innsbruck geschaffen. Die neueren vom Jahre 1971 schnitzen der Bad Wurzacher Holzbildhauer Klaus Demeter und Ravensburger Reinhold Schäle.
Häs
Die Moschtköpfe tragen grüne, leinene Bauernkittel, deren Vorderverschluß mit bunter Borte verziert ist. Die gleiche grüne Borte befindet sich auch an den Ärmelbündchen und am kurzen Stehkragen. Auf der linken Brustseite des Kittels ist das Wappen der Narrenzunft Lindau, die Narrenlinde aufgenäht.
Zu diesen Kitteln tragen sie braune, ebenfalls leinene Üeberfallhosen, die unterhalb der Knie enden, sowie jew eils einen roten und grünen Strumpf.
Um den Hals ist ein rotes, weiß getupftes Tuch geschlagen, das von einem Ring zusammengehalten wird, an dem sich kleine Miniatur-Moschtkopfmasken befinden.
Närrische Utensilien
Das wichtigste Zubehör sind die Holzrätschen, die in der Hand getragen werden. Diese Rätschen sind ausgesprochene Lärminstrumente, mit ihnen wurde im Mittelalter die Vögel aus den Obstplantagen verscheucht. Neben den Handrätschen führt die Gruppe auch immer einige große Rätschen mit, die auf dem Boden gefahren werden.
Bei Umzügen führt die Gruppe Äpfel mit, die vor allem an die Kinder unter den Umzugsbesuchern verteilt werden. Diese Tradition der Moschtköpf entstand aus einer Gepflogenheit in den Anfangsjahren der Gruppe: Damals wurde zeitweilig eine komplette Originalschnapsbrennerei mitgeführt, aus deren Schornstein stinkende Rauchschwaden quellen und den Umzugszuschauern wurde Schnaps zum Kauf angeboten.
Bei der Umstellung erhielt die Gruppe 1969 eine vom damaligen Vizezunftmeister Horst Bäckert entworfene und handgemalte Fahne übereignet, die eine stilisierte Linde in den grün-weißen Stadtfarben enthält. In der Fahnenmitte streckt ein überdimensionaler Moschtkpf die Zunge heraus.